Explodierende Getränkeflasche: Hersteller haftet!
03.07.2012

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Hersteller und Abfüller können sich praktisch kaum ihrer Haftung entziehen, wenn Getränkeflaschen aus Glas explodieren und Menschen verletzen. Welch hohe Anforderungen an eine Entlastung zu stellen sind, belegt ein Urteil des OLG München, 11.01.2011 – 5 U 3128/10. Bei der Entgegennahme einer Getränkeflasche explodierte die Flasche in der Hand der Klägerin. Sie wurde von umherfliegenden Glassplittern am Auge getroffen und verletzt. Deshalb verlangte sie vom Hersteller und vom Abfüller Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 50.000 EUR.
Der Unfall beruhte nach Angaben des Sachverständigen auf einer Oberflächenverletzung der Flasche. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass diese Beschädigung erst nach dem Inverkehrbringen entstanden war, existierten nicht.
Die Flasche war fehlerhaft im Sinne des Produkthaftungsgesetzes. Denn bei Glasflaschen mit kohlensäurehaltigen Getränken geht die berechtigte Kundenerwartung im Hinblick auf die hohe Gefahr, die von umherfliegenden Scherben bei einer Explosion für Gesundheit und Leben von Menschen ausgeht, dahin, dass die Flaschen keine Beschädigungen haben, die zu einer Explosion führen können. Ein Haarriss in der Flasche begründet einen Fabrikationsfehler in Form eines sogenannten Ausreißers. Das gilt unabhängig davon, dass der Hersteller eine risikobehaftete Flasche gar nicht mit absoluter Sicherheit erkennen und aussortieren kann.
Der Hersteller haftet nur dann nicht, wenn der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik zu dem Zeitpunkt, in dem das Produkt in den Verkehr gebracht worden ist, nicht erkannt werden konnte (Entwicklungsrisiko). Die von Glasflaschen mit kohlensäurehaltigen Getränken ausgehenden Risiken sind jedoch grundsätzlich bekannt.
Das Risiko, dass es bei einer vorsichtigen Handhabung der Flasche durch den Verbraucher zu einer Oberflächenverletzung kommt, schätzte das OLG kleiner ein als die Chance auf einen Sechser im Lotto. Der Normalfall bestehe darin, dass bei dieser Handhabung nichts passiere. Die bloße Möglichkeit eines Fehlereintritts nach dem Inverkehrbringen reiche demnach nicht aus, um den Hersteller aus seiner Haftung zu entlassen.